Gebildete Kindheit

Handbuch der Bildungsarbeit im Elementarbereich

Teil 3: Die Bildungsbereiche

 

3.5 Erweiterung 2: Medien im Kindergarten

Die Diskussion über kindlichen Mediengebrauch und seine Auswirkung auf die Kinder gehört zu den unerschöpflichen Diskussionsthemen der Pädagogik, wie wir das in den letzten Jahren wieder erlebt haben, als die Computer Einzug in die Privathaushalte gehalten haben. Dabei wird der Einfluss der Medien im Guten wie im Bösen häufig überschätzt.

3.5.1 Medienkindheit

Kindheit heute, so hören wir immer wieder, sei "Medienkindheit". Je nach Ausrichtung der Autoren wird diese Feststellung beklagt oder es werden die unbegrenzten Lernchancen herausgestellt, die der Zugang zu den Medien Kindern eröffnen würde. Sind die Auswirkungen tatsächlich so gravierend, wie das in beiden Positionen vorausgesetzt wird?

Was sind Medien?

Man muss sich zunächst klarmachen, was Medien ihrem Wesen nach darstellen. Es sind gesellschaftlich organisierte Produktionen, die die personale zwischenmenschliche Kommunikation um Mitteilungen von Menschen zu erweitern erlauben, die nicht persönlich gegenwärtig sind. Insofern gehören auch Briefe oder Telefone zu den Medien. Aber während sich die Adressaten von Briefen oder Telefongesprächen auf einige wenige Personen beschränken, erreichen die "Massenmedien" ein zahlreiches und fast unbeschränktes Publikum. Sie erreichen es, weil sie nicht mehr einzeln oder handwerklich in wenigen Stückzahlen, sondern industriell in großen Mengen hergestellt und über verzweigte kommerzielle Netze vertrieben werden. Das Buch stellt insofern historisch das erste Massenmedium dar. Das mag manche Leser überraschen, ist es doch gerade unter pädagogischen Gesichtspunkten üblich, das gute Buch dem verderblichen Fernsehen entgegenzuhalten. Diese Wertschätzung beruht aber auf einem Werturteil, seiner Herstellung und Verbreitung nach unterscheidet sich das Buch, spätestens seit es Ende des 18. Jahrhunderts zur Massenware wird, nicht von anderen medialen Produkten.

Das Elend der Pädagogen mit den Medien

Ein weiterer historischer Seitenblick ist aufschlussreich: Sobald eine neues Medium in die Kinderstuben Einzug hielt, gab es Pädagogen, die vor seinen verderblichen Folgen für Kindheit und Jugend warnten. Das gilt schon für die Anfänge der Kinder- und Jugendliteratur. Anfang des 19. Jahrhunderts warnte man vor den Gefahren grenzenloser "Lesewut", die die Heranwachsenden davon abhalten würde, mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen zu stehen. Insbesondere wurde vor einer überreizten Phantasie gewarnt, die lebensuntüchtig zu machen und Wünsche einzugeben drohe, die das Leben nicht erfüllen könne. Heute dagegen gilt es als ausgemacht, dass "Lesen bildet" und in kindgemäßer Weise die Phantasie anregt.

Die Gefahren, die vor allem in den 50er Jahren den audiovisuellen Medien angelastet werden, gingen genau in die gegensätzliche Richtung: Sie drohten Kinder, so wurde gewarnt, zu "Bildidioten" zu machen, die unfähig wären, eine eigenständige Phantasie auszubilden. Sicher kann Medienkonsum im einen oder anderen Fall diese Auswirkungen zeitigen, aber man sollte sich hüten, sie pauschal zu unvermeidlichen Folgen des Mediengebrauchs zu erklären.

Auf der anderen Seite der Barrikade wird für die neuen Wahrnehmungen und die unbeschränkten Lernmöglichkeiten gefochten, die der Zugang zu den Medien der nachwachsenden Generation bescheren wird. In jedem Fall sei Kindheit heute, ob man das möchte oder nicht, vor allem andern "Medienkindheit". Erziehungseinrichtungen wie Kindergarten und Schule dürften davor die Augen nicht verschließen, sondern sollten die neuen Darstellungsweisen und Techniken als Teil der kindlichen Lebenswelt akzeptieren und zum Besten der Kinder nutzen.

Auch hier bleibt die Perspektive schief: Bürgerliche Kindheit war seit ihrem Entstehen Ende des 18. Jahrhunderts auch "Medienkindheit". Nicht nur belehrende und unterhaltende Bücher nebst didaktischen Spielzeug hielt in die Kinderstuben Einzug, von Anfang an wurden auch Bildmedien auf dem technischen Niveau der Zeit angeboten: Bilderbögen, Ausschneidebögen, Kaleidoskope, Guckkästen, Laterna magica etc. Und alle diese Medien wurden wie die Bücher hergestellt, um daran zu verdienen, und mit entsprechenden Verfahren beworben.

Sicher hat sich das Angebot der für Kinder hergestellten Massenmedien seitdem ständig erweitert und ihr Gebrauch beschränkt sich nicht mehr auf bürgerliche Kinderstuben, sondern erreicht Kinder aller sozialen Schichten und Milieus. Auch stellt der konsequente Medienverbund eine neue Qualität der Medienvermarktung dar: Medienfiktionen werden im Verbund mit Spielzeug und anderen Konsumartikeln für Kinder, etwa mit Markenklamotten, vertrieben und bilden zusammen eine eigene kommerzielle "Kinderkultur". Der Zugriff auf ihre Produkte beeinflusst die Stellung in der Kindergruppe und kann damit zu einer Frage der Selbstwahrnehmung und der Selbstachtung werden.

Die ungeklärte Wirkung der Medien auf Kinder

Die allgemeine Verbreitung sowie die Menge der angebotenen Produkte machen es aber schwierig, die Einflüsse abzuschätzen, die die auf den kindlichen Bedarf zugeschnittene Konsum- und Medienwelt tatsächlich auf die Heranwachsenden ausübt. Ist das bei Jugendlichen noch einigermaßen zu übersehen, sind die Einflüsse auf Kinder im Kindergartenalter schwer einzuschätzen. Auch von der schier endlosen Literatur, die sich mit den (begrüßenswerten oder bedenklichen) Rückwirkungen der Medien auf die Sozialisation der nächsten Generation befasst, sollte man sich nicht beeindrucken lassen. Die Menge der einschlägigen Publikationen beweist vor allem eins: Wir können darüber wenig Verlässliches aussagen.

Es werden viele Vermutungen geäußert und mit nachvollziehbaren oder unerfindlichen Begründungen untermauert. Überall dort, wo generelle Aussagen über Medienwirkungen auf ganze Kindergenerationen geäußert werden, ist große Vorsicht am Platze. Wirkungen in konkreten Fällen sind abschätzbar, und Erziehende können sich meist auch dazu verhalten. Aber selbst breiter angelegte empirische Untersuchungen enden in widersprüchlichen Feststellungen. Aus einem einfachen Grund: Die möglichen Faktoren, die den Mediengebrauch mitbestimmen, sind so vielfältig und vielschichtig, zugleich auch so sehr von den individuellen Lebensbedingungen geprägt, dass sie kaum gleichzeitig und in einem ausgewogenen Verhältnis berücksichtigt werden können.

Beispiel Fernsehen

Nehmen wir beispielsweise das Fernsehen, das ja mehr als andere Medien von Kindergarten- und Grundschulkindern genutzt wird. Die Anzahl Stunden, die Kinder im Schnitt vor dem Gerät verbringen, lässt sich relativ leicht erfassen. Aber was sagt das aus? Wir müssten auch wissen, welche Sendungen sie in dieser Zeit gesehen haben, was sie davon aufgenommen und wie sie diese Inhalte in ihr persönliches Universum eingegliedert haben. Die meisten Kinder sehen fern, um die "Langeweile" zu vertreiben, also vermutlich mit herabgesetzter Aufmerksamkeit. Die Erfahrung lehrt, dass Kindergartenkinder schon nach wenigen Tagen kaum mehr angeben können, was sie gesehen haben, dass also vorher gesehene Sendungen schon durch die nächste Sendung fast wieder so gut wie "gelöscht" werden. Was hängen bleibt, sind meist nur jene Partikel, die sie mit eigenen Erlebnissen oder Bedürfnissen verknüpfen können. Wirken die Sendungen dann vielleicht unterschwellig, greifen sie über das Unbewusste in das Leben der Kinder ein? Es wird schier unmöglich, darüber noch nachvollziehbare Aussagen zu machen.

Die unendliche Diskussion: Gewalt im Fernsehen

Das wird besonders deutlich an der in zahllosen Abhandlungen diskutierten Frage, ob mediale Gewaltdarstellungen Kinder oder Jugendliche zur Gewalttätigkeit anstacheln.

Dass mediale Gewaltdarstellung allein wohl kaum zur offenen Gewaltausübung gegen Mitmenschen führt, zeigt schon eine einfache Überlegung: Würden die Millionen Zuschauer, die sich spätabends einen Krimi ansehen, davon zur Gewalttätigkeit animiert, wären unsere Straßen nach jedem "Tatort" voll von prügelnden und um sich schießenden Zuschauern. Für die meisten Menschen gilt also eher, dass die mediale Darstellung sie davon entlastet, mediale Gewalt in die Tat umzusetzen. Medien wirken wie andere künstlerische Produkte, seien es Romane, Bilder, Musik, zunächst auf unsere persönliche Innenwelt, bereichern oder verrohen sie. Nur in wenigen Fällen wirken sie sich auf das soziale Verhalten aus, und man darf vermuten, dass das nur dort passiert, wo die Neigung dazu schon in der sozialen Erfahrung angelegt ist. Medien wirken mit großer Wahrscheinlichkeit nur verstärkend. Deshalb kann Gewalttätigkeit durch mediale Darstellungen aktiviert werden, wenn die Zuschauer Gewalt am eigenen Leibe erfahren haben. Die fiktive Gewalt wirkt dann als Auslöser realer Gewaltausübung.

Ein ähnlicher Zusammenhang ist für den häufig dem Fernsehkonsum angelasteten Bewegungsmangel von Kindern anzunehmen. Unsicherheit und Ängstlichkeit im Umgang mit Gleichaltrigen kann dazu führen, dass Kinder lieber vor der Glotze sitzen bleiben, die sie ohne diese belastende Auseinandersetzung unterhält. Wenn sich das zu einer andauernden Haltung verfestigt, ist Kontaktscheu und Bewegungsmangel die Folge. Die Ursache liegt aber nicht primär beim Fernsehen, sondern in der sozialen Umwelt und den Erfahrungen, die dort gemacht werden.

Eine konstruktive Antwort

Überall dort, wo Eltern oder Erziehende bedenkliche Auswirkungen des kindlichen Medienkonsums feststellen, sollten sie deshalb nach Möglichkeit nicht mit Verboten reagieren, sondern alternative Angebote machen.

Es gibt kaum Kinder, die nicht lieber mit Freunden spielen, mit Erwachsenen Hütten bauen oder sich auf einem ungenutzten Grundstück herumtreiben. Gerade Kindergartenkinder haben eine natürliche Neigung zum tätigen Spielen. Erst wenn diese Aktivitäten ausgetobt sind, und um die einsetzende Erschöpfung genußvoll zu verbringen, greifen sie auf die elektronischen Unterhalter der Medien zurück. Oder wenn sie sich langweilen und der Kasten die Langeweile zu vertreiben verspricht. Denn ferngesehen wird vorzugsweise dann, wenn nichts anderes zu tun ist. Aber selbst dann wird das Erzählen von Geschichten oder das Vorlesen oft noch vorgezogen. Kinder haben aber nur selten die Wahl, und es sind häufig die Erwachsenen selbst, die sie vor den Fernseher oder den Kassettenrecorder setzen, um ihre Ruhe zu haben. Hinter dem Jammern über die fatalen Wirkungen des Medienkonsums verbirgt sich eine Menge Bequemlichkeit und schlechtes Gewissen. Das Problem sind nicht die Medien, sondern wie sie von uns benutzt werden.

3.5.2 Lernen durch Medien

Medien können die Welt in einer umfassenden sinnlichen Darstellung wiedergeben und kommen insofern dem Verständnis von Kindern sehr entgegen. Von den Medienspezialisten wird deshalb darauf hingewiesen, welch enorme Anregungen und Lerngelegenheiten die Medien schon Kindern frei Haus liefern. Das ist sicher zutreffend, und tatsächlich wurde ja mediales Anschauungsmaterial in Form von Bildenzyklopädien, Schautafeln und Schulbüchern schon im 18. Jh. in die Erziehung eingeführt, damit Kinder frühzeitig eine Vorstellung von der Welt außerhalb ihres Lebensbereiches ausbildeten und diese ferne Welten verstehen lernten. Heute bietet der Medienmarkt selbst für die Kleinsten schon ein unübersehbares Angebot von unterhaltsamen Sachbüchern, Hörspielen, Videokassetten oder Computerspielen, die insgesamt unter dem Begriff "Edutainment" laufen, sich also als unterhaltsame Belehrung andienen. Aber auch aus den auf reine Unterhaltung angelegten Beiträgen fischen sich Kinder immer noch viele einzelne Wissenspartikel heraus und bereichern damit ihr "Weltwissen".

Unter welchen Bedingungen werden solche Lernpartikel in den kindlichen Wissenshorizont eingefügt und können sich darin dauerhaft behaupten?

  • Man darf wohl annehmen, dass Informationen am besten dort aufgegriffen werden, wo sie eine Beziehung zur persönlichen Erfahrung haben, an bereits aufgenommene Kenntnisse anknüpfen oder vorhandene Einstellungen wiedererkannt und bestärkt werden.
  • Zweitens hängt es sicher auch von der Situation ab, in der die Informationen aufgenommen werden. Beispielsweise spielen die Reaktionen anderer Kinder oder teilnehmender Erwachsener eine große Rolle.
  • Die dritte und wohl wichtigste Voraussetzung liegt in der Machart der medialen Botschaft. Und gerade hier zeigen sowohl die informativen wie die unterhaltenden Medienangebote für Kinder beträchtliche Mängel, die mit den Herstellungsbedingungen und den dahinterstehenden kommerziellen Interessen zu tun haben. Vor allem sind die Formen der Darstellung, aber oft auch die erzählten Geschichten den Wahrnehmungsweisen von Kindern wenig angemessen, was sich auch daran ablesen lässt, wie rasch sie wieder vergessen werden. Das ist allerdings nach den verschiedenen Mediensparten (und selbstverständlich nach den einzelnen Produktionen) zu differenzieren.

Beispiel Bilderbuch

Um mit einem scheinbar problemlosen Medium zu beginnen: Man findet unter den gängigen Bilderbüchern nicht viele, in denen die Geschichte über eine klare Bildfolge erzählt wird. Man kann die Probe darauf machen, indem man Kinder nach den Bildern phantasieren lässt. Dabei kommen alle möglichen Storys heraus, nicht selten geraten sie einfallsreicher als die, die der Text präsentiert. Von einem Buch, das in Abbildungen erzählt, sollte man erwarten, dass Kinder sich die Geschichte zumindest annäherungsweise auch über das Betrachten der Bilder zugänglich machen können.

Auch die Einzelbilder entsprechen in vielen Fällen zu wenig kindlichen Sehgewohnheiten. Sie sind entweder zu unübersichtlich angelegt, erlauben deshalb keine rasche Orientierung oder sie zeigen zu wenige Details, sie regen also zu wenig zum entdeckenden Verweilen an. Abbildungen in Bilderbüchern sollten beides gleichzeitig leisten:

  • Auf einen Blick überschaubar sein,
  • und im zweiten Schritt zum entdeckenden Betrachten einladen.

Solche handfesten Kriterien der Benutzbarkeit werden aber zu häufig künstlerischen Moden und Trends untergeordnet, die dann eher die Erwachsenen ansprechen, die die Bücher ja auch kaufen. Diese Mängel von Bilderbüchern fallen allerdings weniger ins Gewicht, weil die Bücher stets mit Erwachsenen angesehen und dabei in Gespräche eingebettet bleiben, durch die Lücken und fehlende Informationen ergänzt werden.

Kindgerechtes Fernsehen?

Über die Schädlichkeit des Fernsehens wird viel diskutiert, zu wenig jedoch darüber, wie Sendungen angelegt sein sollten, um von Kindern in diesem Alter verstanden zu werden. Selbst die für ihr Alter produzierten Sendungen des Kinderfernsehens verfehlen viel zu oft kindliche Sehgewohnheiten.

Das ist vor allem an zwei Punkten festzumachen:

  • Die Einstellungen wechseln zu rasch und es wird zu wenig orientierende Übersicht geboten (was wiederum der Fernseher aufgrund seiner groben Auflösung nur bedingt bieten kann).
  • Zweitens wird selten in klaren übersichtlichen Schritten erzählt. Diese Mängel fallen den Fernsehmachern um so weniger auf, als sich mit Hilfe ansprechender Bilder Mängel der Geschichte leicht überdecken lassen und die Regisseure reichlich Gebrauch davon machen.

"Die Konsequenz aus diesen und weiteren Beobachtungen wäre eine langsamere Gangart, die Bevorzugung von einfachen, geradlinigen Erzählweisen, also eine stärkere Orientierung an den entwicklungspsychologischen Voraussetzungen der Zielgruppe. Die Fernsehprogramme zeugen jedoch von einem entgegengesetzten Trend" (Jörg 1994, S. 201).

Statt der für sie produzierten Kinderprogramme suchen sich Kinder ins Nachmittagsprogramm zu schmuggeln. Auch das hat seine Logik: Wo sie statt erzählender Zusammenhänge nur Bildfetzen aufnehmen können, liegt die eigentliche Attraktion des Geräts in der ständigen und rasch wechselnden Reizung der Augen und des Gehörs, und die bieten die noch unverständlicheren Sendungen des Erwachsenenprogramms dann vollkommener als die Kindersendungen.

Hierin liegt die Chance der Werbung, die ja bewusst darauf setzt, den Zuschauer durch einen Bildreiz anzusprechen und diesen Reiz mit dem beworbenen Produkt zu verbinden. Der Versuch, diese am Fernseher trainierten Sehgewohnheiten pädagogisch zu wenden, wie er mit der amerikanischen "Sesamy street" gemacht wurde, hat seine erklärten Ziele, darüber die Schulleistungen von Unterschichtkindern zu verbessern, nach Ausweis der Langzeituntersuchungen vollständig verfehlt. Geblieben ist eine unterhaltende Sendung, deren Lerneffekt die anderer Kinderserien nicht übersteigt.

Zeichentrick

Dagegen erfreuen sich alle Arten von Zeichentrick bei Kindern großer Beliebtheit, weil die gezeichnete Figur viel besser erkannt und von dem gezeichneten Hintergrund abgesetzt werden kann. Trotz der Hektik und Gewalttätigkeit, mit der in solchen Filmen häufig die "action" präsentiert wird, können die Geschichten und die Beziehungen zwischen den Figuren klarer erfasst und rascher durchschaut werden. Denn Zeichentrickfilme sind nicht nur gezeichnet, sondern erzählen auch in überschaubaren, voneinander abgegrenzten Zeichen, eine Qualität, die sie übrigens mit dem Comic teilen.

Kinderkino

Für das Kino müssen Filme wegen der Projektion auf eine große Leinwand sorgfältiger produziert werden. Die für das Kino gedrehten Kinderfilme heben sich von Fernsehsendungen durch eine konsequentere Bildführung und meist auch eine verständlichere Erzählung ab. Nur in wenigen öffentlichen Kinos werden noch regelmäßig Kinderfilme gezeigt. Wo die Möglichkeit besteht, sollten sie durchaus als Alternative zum wahllosen Fernsehkonsum besucht werden. Dass man zum Kino gehen muss und den Film in Gemeinschaft mit vielen anderen sieht, hebt das Erlebnis auch stärker aus dem Alltag heraus, das Kinoerlebnis ist eindrücklicher, die Geschichten bleiben deshalb besser im Gedächtnis.

Hörkassetten

Die auf Kassetten für Kinder vertriebenen Hörspiele sind zwar oft schlampig hergestellt, sie sind aber leichter zu erfassen. Sie stellen eine wichtige Mediennutzung von Kindern dar.

Das dürfte mit der Nähe der Hörspiele zur geläufigen mündlichen Kommunikation und dem natürlichen Sprechen zu tun haben. Außerdem wird, anders als beim Fernsehen, das Hören von Kassetten von Erwachsenen nicht reglementiert: Schon im Kindergarten haben fast alle Kinder eigene Abspielgeräte und sie dürfen sie im allgemeinen nach Belieben benutzen. Ein weiterer Vorteil ist, dass man Hörspiele oder Lieder auch nebenbei hören, gleichzeitig mit andern Kindern spielen oder einer stillen Beschäftigung nachgehen kann.

Sprachförderung durch Medien?

Auch die elektronischen und audiovisuellen Medien bieten, ganz unabhängig von ihrer Machart, den Kindern eine stilisiertere Sprache an als sie im alltäglichen Umgang benutzt wird. Sie helfen, soweit diese Sprache für sie noch verständlich bleibt, über den privaten Sprachgebrauch hinaus eine in der Öffentlichkeit gebräuchliche Sprachverwendung kennen zu lernen. Dennoch zeigen Kinder, die viel fernsehen, kaum bessere Sprachfähigkeiten, sondern bieten (meist berechtigten) Anlass zur Klage, ihr sprachlicher Ausdruck würde eher verkümmern.

Der Grund für die geringe Sprachförderung durch Medien dürfte nicht in der angeblichen "Bildidiotie" audiovisueller Darstellung zu suchen sein. Tatsächlich bietet Film und Fernsehen ja eine komplexe Kombination von Bild und Sprache, die von der zwischenmenschlichen Kommunikation abgeleitet ist und ihr näher steht als die Schrift. Ohne die sprachliche Information zu verstehen, ist kaum eine Sendung oder eine Filmhandlung nachzuvollziehen. Es liegt auch kaum an der Unfähigkeit von Fünf- oder Sechsjährigen, die verschiedenen Informationsebenen aufzunehmen. Aus ihren Rollenspielen kennen sie längst ein ähnlich kompliziertes Geflecht von Körperbewegung und Sprechen, von Spielhandlung und Reden über das Spiel, das sie spielend bewältigen.

Die stumme Oma

Mediale Erzählungen (und zwar nicht nur Fernsehen oder Hörkassetten, sondern ebenso Bücher) bieten feste vorgegebene Produkte, die nicht wie leibhaftige Menschen reagieren und mit denen deshalb keine menschliche Beziehung herzustellen ist. Sie liefern zwar differenzierte und auch vielschichtige Aussagen, sie können sie aber nicht in eine zwischenmenschliche Beziehung stellen, können sich weder dem aktuellen Grad des Verständnisses der Konsumenten anpassen noch deren Reaktionen berücksichtigen. Vor allem deshalb werden mediale Erzählungen nach einmaligen Sehen oder Hören so rasch wieder vergessen. Da eine aktive Sprachbeherrschung zunächst nur in Gesprächen ausgebildet wird, an denen sich das Kind beteiligt, man mit Medien aber nicht sprechen kann, hängt die Aktivierung des in den Medien gebotenen Sprachmaterials wiederum davon ab, wie weit mit und über die medialen Erzählungen gesprochen wird oder sie nachgespielt werden.

Gerade kleine Kinder reagieren auf die für sie befremdliche "Einwegkommunikation", indem sie bei laufendem Fernsehen auffällig viel reden, nach Untersuchungen sogar mehr als beim Betrachten von Bilderbüchern. Aus dem gleichen Bedürfnis versuchen sie Fernseherfahrungen in ihren Spielen aufzugreifen, was zum Unmut vieler Erziehender sich insbesondere nach den Wochenenden häuft.

Der Vorteil des Vorlesens wiederum liegt nicht in der besseren Qualität von Kinderbüchern – viele Kinderbücher sind keineswegs besser gestrickt als Fernsehsendungen. Vielmehr erhöht die lebendige Stimme einer anwesenden Person die Aufnahmefähigkeit, und es kann sich aus dem Vorlesen jederzeit ein Gespräch entwickeln. Die Sprachförderung, die nachweislich durch häufiges Betrachten von Bilderbüchern bewirkt wird, liegt also vor allem daran, dass Kinder hier auf einen persönlichen Vermittler treffen, den man in eine Unterhaltung verwickeln kann. Dabei kann die stilisierte Diktion des Textes hinterfragt, können die Wahrnehmungen der Bilder ausgetauscht werden.

Dennoch kann auch regelmäßiges Fernsehen die Sprachkenntnisse, vor allem älterer Kinder, durchaus fördern.

Interview mit einem aus Italien stammenden Jungen

Frage: Bist du auch in die Vorklasse gegangen?

Antwort: Ja natürlich. Ich konnte ja kein Deutsch. Deswegen mußte ich erst mal Deutsch lernen. Ich bin erst zum zweiten Halbjahr in die Klasse gekommen.

Frage: Gab es in der Umgebung Freunde, mit denen du gespielt hast?

Antwort: Es gab, glaube ich, keine Kinder. Es war so, ich kam von der Schule nach Hause, und dann habe ich mich nach dem Essen und den Hausaufgaben gleich vor den Fernseher gesetzt. Der Fernseher war, glaube ich, erstmal mein Freund.

Frage: Hast du deutsches Fernsehen geschaut?

Antwort: Ja, es gab damals noch kein italienisches Fernsehen in Deutschland. Ja, und deswegen hab ich dann auch deutsch gelernt, weil ich wollte ja verstehen, was die da erzählen im Fernsehen. Das ging ruckzuck. In 3 Monaten konnte ich schon deutsch sprechen (Jampert 2002, S. 66).

3.5.3 Medienerziehung

Der Umfang und die Bedeutung, die Medien im Leben von Kindern haben, zwingt die Einrichtungen des Elementarbereichs, sich in irgendeiner Weise dazu zu stellen. Die Reaktionen reichen von vollständigem Ignorieren, wie es die Walddorfpädagogik empfiehlt, bis zu Versuchen, Medienprodukte und Medienprojekte für pädagogische Ziele einzusetzen. Im allgemeinen wird gefordert, Kinder durch eine überlegte "Medienerziehung" auf einen nützlichen und vertretbaren Mediengebrauch vorzubereiten. Die pädagogischen Anstrengungen zielen darauf ab, den Kindern "Medienkompetenz" vermitteln und sie dadurch zu befähigen, Medien zu gebrauchen, ohne ihren bedenklichen Wirkungen schutzlos ausgeliefert zu sein.

Prinzipiell kann man zwei Möglichkeiten unterscheiden, auf die Tatsache des gestiegenen Mediengebrauchs von Kindern zu reagieren:

  • Auf der einen Seite kann man auf die medialen Erfahrungen der Kinder eingehen und ihnen helfen, sie besser zu verarbeiten.
  • Auf der anderen Seite können einfache, den kindlichen Möglichkeiten entsprechende Medienproduktionen angeregt werden, bei denen die Kinder mit den medialen Techniken und Formsprachen umzugehen lernen.

Beides stößt allerdings im Kindergarten auf enge Grenzen.

Handhabung der Geräte

Was man als Medienkompetenz bezeichnet, beginnt mit der technischen Handhabung der Mediengeräte. In vielen Fällen braucht das selbst im Kindergarten kaum mehr behandelt zu werden. Fast alle Kinder sind zumindest mit der Handhabung der Abspielgeräte bereits bestens vertraut. Auch sind Fotoapparate, Recorder und Videokameras inzwischen so einfach zu bedienen, dass das Kindern rasch beigebracht werden kann. Es muss allenfalls darauf geachtet werden, dass auch diejenigen die Geräte bedienen lernen, die zu Hause nicht darüber verfügen.

Flüchtigkeit der medialen Rezeption

Eine recht bedenkliche Folge des raschen und wechselnden Medienkonsums besteht darin, dass die medial erzählten Geschichten von immer neuen Eindrücken überlagert und deshalb kaum verarbeitet werden. Voraussetzung für das bewusste Aufnehmen ist, dass die Produktionen verstanden und nachvollzogen werden können. Bücher werden selbstverständlich so oft vorgelesen, wie die Kinder sie hören wollen. Eines Tages dann verlangen sie nach einer neuen Geschichte. Das hat seinen guten Sinn: Die Wiederholung wird so lange gewünscht, bis die Geschichte in allen Einzelheiten begriffen und einverleibt worden ist. Dann brauchen sie neuen Stoff für ihre Phantasie.

Der flüchtigen und unvollständigen Rezeption kann man deshalb dadurch entgegenarbeiten, dass die Produkte so lange angeboten werden, wie Kinder sie immer wieder sehen oder hören möchten. Man kann mit Fernsehsendungen verfahren, wie die Kinder selbst mit den Hörspielkassetten, die sie eine Zeit lang immer wieder hören. Fernsehsendungen sehen Kinder meist nur einmal, sie können dabei kaum ausreichend aufgenommen und verarbeitet werden. Sie werden zugänglicher und verständlicher, wenn sie aufgezeichnet und wiederholt abgespielt werden.

Im Kindergarten könnten zum Beispiel zu bestimmten Zeiten und für Kinder, die daran Interesse haben, eine Reihe auf Kassetten aufgenommene Sendungen zur Verfügung stehen.

  • Erstens kann man darüber Produktionen mit einer bestimmten Qualität nahe bringen, die sie kaum in ihren Kinderzimmern vorfinden.
  • Zweitens können dann Medienerfahrungen viel besser aufgegriffen, über Nachspielen und Besprechen nachgearbeitet und damit stärker ins Bewusstsein gehoben (und dann auch länger und genauer erinnert) werden.

Es ist aber eine berechtigte Frage, ob man das nicht lieber den Eltern überlässt, um die Zeit, die Kinder in der Einrichtung verbringen, für wichtigere Angebote zu nutzen.

Nachbereiten von Medieneindrücken

Zum Beispiel auch, um schlecht verdaute Medienerfahrungen aufzugreifen. So wie beim gemeinsamen Betrachten über Bilderbücher gesprochen werden kann, können auch andere Medienproduktionen "nachgearbeitet" werden. Allerdings macht es wegen der komplexen Darstellung, die viele unterschwellige Botschaften transportiert, vor allem bei Fernsehsendungen wenig Sinn, nur darüber zu reden. Wo über Medienerfahrungen doch gesprochen werden soll, ist es ratsam, mit einiger Vorsicht vorzugehen, da dabei stets die Gefahr besteht, den Kindern die lustvollen medialen Erlebnisse (so kritikwürdig sie vielleicht auch sein mögen) durch das kritische Beäugen zu vermiesen, so dass sie sich das nächste Mal zurückhalten.

Die unter den Fachkräften verbreitete Klage, die Kinder würden ständig Fernsehen nachspielen, ist in dieser Hinsicht recht unbegründet: Über das Spiel schaffen sich die Kinder ja gerade eine Möglichkeit, die Eindrücke zu ordnen und sie besser zu verstehen. Es macht deshalb mehr Sinn, auf solche Spiele einzugehen und mitspielend auf die Inhalte Einfluss zu nehmen. Angesichts der Flut von Medieneindrücken kann das allerdings nur gelegentlich geschehen. Solche exemplarischen Erfahrungen können aber durchaus eine nachhaltige Wirkung auf das Verständnis ausüben, das Kinder von den Medienangeboten entwickeln.

Kinder als "kritische Mediennutzer"?

Das erklärte Ziel aller Medienpädagogik, der selbstbewusste und "kritische" Mediennutzer, dürfte für dieses Alter eine Wunschvorstellung bleiben.

Er setzt voraus, dass der Nutzer sich bewusst macht, was er im Medienangebot sucht und die für ihn geeigneten Angebote aussucht. Auf einer allgemeineren Ebene ist er sich darüber im Klaren, dass Medien gesellschaftliche Agenturen darstellen, die auf ihre Nutzer einzuwirken versuchen und damit Interessen verfolgen. Das befähigt ihn, die Medien danach zu hinterfragen, wie weit sie die eigenen Interessen und sinnlichen Bedürfnisse erfüllen. Diese Haltung setzt voraus, mediale Produktionen gleichzeitig ästhetisch zu genießen und kritisch zu beurteilen, sich auf sie einzulassen und sie gleichzeitig mit Abstand zu betrachten

Kindergartenkinder finden sich von den über die Medien gelieferten Wahrnehmungen derart beeindruckt und überwältigt, dass sie sich kaum davon absetzen können. Das soll nicht heißen, wie das gelegentlich behauptet wird, sie würden ihre eigene soziale Umwelt mit der Medienrealität verwechseln. Das trifft allenfalls für einige wenige zu, die psychisch stark belastet sind. Sehr früh lernen Kinder "echt" von "erfunden" abzugrenzen, und meinen damit eher die innere Vorstellungswelt im Gegensatz zur sozialen Außenwelt. Aber in der sinnlichen Unmittelbarkeit befangen, die Medien erzeugen, sind sie außerstande auch deren "Gemachtheit" wahrzunehmen, hinter der glatten Oberfläche der Produkte die Macher zu erahnen, die ihnen damit etwas "erzählen" wollen.

Das fällt sicher um so schwerer, je mehr Sinneskanäle das Medium bedient. Während der Sprecher der Radiosendung trotz seiner künstlich geglätteten Stimme noch deutlich als Sprecher erkennbar bleibt, ziehen die szenisch aufbereiteten Hörspiele ganz anders ins Geschehen, suggerieren eine unmittelbare Beteiligung. Fernsehsendungen werden als unvermittelte Gegenwärtigkeit wahrgenommen. Erklärungen, wie die Sendungen zustande kommen und was sie bewirken wollen, haben gegen diese sinnliche Gegenwärtigkeit und die davon ausgelösten körperlichen und emotionalen Empfindungen keine Chance. Sie sind allerdings dann sehr sinnvoll und hilfreich, wenn die Kinder selbst Medien herstellen. Die aktive Herstellung und Vorführung von Medienproduktionen schafft dann von selbst eine Vorstellung, dass Medien nicht vom Himmel fallen, sondern von Menschen gemacht sind.

Fenster zur Welt

Medien bieten, selbst noch in ihren bedenklichen Produkten, ein "Fenster zur Welt". Sie liefern ein Stück anschauliche Welterklärung. Es ist deshalb sehr sinnvoll, Medienprodukte in pädagogische Aktivitäten einzuführen und ihre Anschaulichkeit im Zusammenhang mit Exkursionen, Spielaktivitäten und verbaler Erklärung zu nutzen. Die mediale Vorführung allein wird sicher nicht wesentlich mehr bewirken als der einsame Medienkonsum, aber in Kombination mit Tätigkeit, Spiel und Erklärung können sich nachhaltige Lerneffekte ergeben. Medien haben den großen Vorteil, auch Bereiche sinnlich zugänglich machen zu können, die sich weder durch Aktivitäten noch über Erklärungen erschließen.

Computer im Kindergarten?

Mehr als andere Medien kann das der Computer bieten, der die verschiedenen medialen Darstellungen in einem Gerät vereinigt. Wie bei allen neu entwickelten Medien wird gegenwärtig über die pädagogische Einschätzung des Computers gestritten. Als "ernsthaftes" Lerngerät in der Schule wird er inzwischen allgemein akzeptiert und sogar als zeitgemäße Vorbereitung aufs Leben gepriesen. Ob man auch schon in Kindergärten PCs aufstellen solle, bleibt aber weiter umstritten. Und vor allem wird vor den Auswirkungen exzessiver Nutzung in der Freizeit gewarnt.

Tatsächlich wird beim Sitzen vor dem Gerät die gesamte Körpermotorik auf wenige Fingerbewegungen reduziert. Die Fingerbewegungen können aber Erstaunliches bewirken: Sie zaubern Handlungen auf den Bildschirm, die in "echt" den ganzheitlichen körperlichen Einsatz erfordern würden. Der Nutzer bekommt die "Illusion", die Welt mit dem kleinen Finger zu bewältigen, darf sich mächtig und erfolgreich fühlen, während er doch "in Wahrheit" nur das Knöpfchen einer Maschine betätigt. Wo die körperliche Betätigung vom Computer tatsächlich stark beeinträchtigt wird, ist das zweifellos bedenklich, gilt aber nicht anders für das Fernsehen oder andere einseitige Mediennutzungen, letzten Endes also auch für das Lesen. Gegenüber dem Fernsehen hat der PC den Vorteil, dass er dem Nutzer Einfluss auf den Fortgang einräumt, jedenfalls in dem Maße, wie das Programm "Interaktivität" vorsieht. In dieser relativen Selbstbestimmung liegt auch die unleugbare Attraktivität der Computerspiele auf Kinder und Jugendliche, aber ebenso auf Erwachsene.

Sollen deshalb nun auch schon Kindergärten mit Computern ausgestattet werden und den Kindern den Zugang zu diesen Geräten ermöglichen oder gar die "Computerkompetenz" von Vorschulkindern schulen? Ähnlich wie beim Thema Fernsehen ist es angesichts der Verbreitung dieser Technik in den Familien sicher nicht notwendig, Kinder im Kindergarten vor den Computer zu setzen. In absehbarer Zeit werden die PC.s eine ähnliche Verbreitung wie die Fernsehgeräte erreichen.

Interaktive Unterstützung von Bildungsangeboten

Andererseits ermöglichen die inzwischen entwickelten Angebote an Software für jüngere Kinder eine begrüßenswerte Ergänzung für Themen und Projekte, die in der Kindergartenarbeit bearbeitet werden. Die schier unbegrenzten Möglichkeiten der Darstellung erlauben etwa im Rahmen der Behandlung des Themas Gesundheit dem Innern des menschlichen Körpers einen Besuch abzustatten oder nach einem Waldtag die Lebensweise scheuer Waldtiere zu beobachten, die man "live" nicht zu Gesicht bekommen konnte. Anders als die rasch vorbeiziehenden Aufnahmen von Fernsehfilmen können Kinder die Bereiche auswählen, die sie genauer erkunden wollen, und sie so lange betrachten, bis sie angeeignet wurden. Über spezielle Suchmaschinen können kindgemäße Angebote im Internet erschlossen oder Kinder können selbst zur Suche nach den aktuellen Themen veranlasst werden.

Suchmaschinen im Internet für Kinder

Eine weitere interessante Nutzung wäre beispielsweise mit entfernten Kindergärten in "Echtzeit" in Korrespondenz zu treten, dabei Berichte, Fotos und Zeichnungen auszutauschen. Dazu muss natürlich die Erzieherin als Schreibkraft einspringen, das hätte auch noch den Nebeneffekt, dass die Nützlichkeit des Schreibens einsehbar wird. Indem die Kinder diktieren, was geschrieben werden soll, wird auch ihr sprachlicher Ausdruck gefördert.

Regeln der Computernutzung

Computer kosten viel Geld und im Kindergarten sollten Kinder nicht lange Zeit vor den Geräten verbringen. Es bietet sich deshalb an, eine bewegliche Anlage anzuschaffen, die nicht frei zugänglich ist, sondern jeweils dann benutzt wird, wenn das Gerät für einen besonderen Zweck gebraucht wird. Auch dann ist es sinnvoll, Regeln einzuführen, wie das geschehen soll: Die Interaktivität verlangt die selbsttätige Nutzung. Aber damit kein Streit unter den Kindern entsteht, wird eine Zeit festgelegt, die davor verbracht werden darf. Auch sollten stets zwei bis drei Kinder vor den PC gesetzt werden, damit sie sich verständigen können und müssen.

In diesem Rahmen ist es durchaus sinnvoll, den Computer in die Kindergartenarbeit einzubeziehen. Das setzt aber immer voraus, dass Kolleginnen im Team sind, die sich mit der Computerhandhabung auskennen und das nötige Interesse dafür aufbringen.

Neuß, Norbert/ Michaelis, Carola: Neue Medien im Kindergarten, Freiburg 2002

Expertenmeinungen, Elternbefragungen, entwícklungsmäßige Diskussion und praktische Hinweise zur Computernutzung im Kindergarten

3.5.4 Mediengestaltung

Medienkompetenz" meint letzten Endes, Medienprodukte als Mitteilungen zu begreifen, mit denen die Medienproduzenten auf die Nutzer einzuwirken suchen. Das ist, abgesehen von den ganz anderen Entstehungsbedingungen genau das, was wir auch mit jeder sprachlichen Äußerung bezwecken. Kinder suchen in den Medien "Unterhaltung", d.h. Erzählungen, können aber die komplexen medialen Mitteilungsformen noch kaum durchschauen, während sie die mit den alltäglichen kommunikativen Äußerungen verfolgten Absichten sehr genau erfassen. Medienerziehung im Kindergarten sollte deshalb an dem Medium anzusetzen, das für die Kinder durchschaubar bleibt: dem mündlichen Erzählen, das über Gestik und Spiel sprachliche Darstellung und bildliche Vorstellung verbindet. Hier ist der Schritt vom Mediennutzer zum Medienmacher auch nur ein Schrittchen.

Eine aktive Medienarbeit, so weit sie in diesem Alter und im Kindergarten durchführbar ist, kann sich hier nahtlos anschließen: Geschichten, die beim gemeinsamen Erzählen ausgedacht werden, stellen brauchbare Vorlagen für eigene Medienproduktionen dar. Die Geschichten können dann in verschiedenen Formen nachgespielt werden (als Rollenspiel, als Figurenstück mit Alltagsgegenständen oder mit Puppen etc). Die auf Kassette oder Video aufgenommenen Spielaktionen lassen sich wiederum zu kleinen Hörspielen oder Videofilmen verarbeiten.

Die einfachen Formen: Bilderbuch und Fotostory

Man muss dabei allerdings den organisatorischen und technischen Aufwand, den Medienprojekte bedeuten, realistisch einschätzen. Viele in der Literatur beschriebene aktive Medienprojekte sind unter Bedingungen durchgeführt worden, die sich auf die alltägliche Kindergartenarbeit kaum übertragen lassen. Es ist deshalb ratsam, mit vergleichsweise bescheidenen Aktivitäten zu beginnen. Vor aller Perfektion kommt es darauf an, eine gute Geschichte zu verwenden, sei es, dass man sie aus Büchern oder Medien auswählt oder sie gemeinsam ausdenkt. Sie kann dann schon ohne großen Aufwand als Bildgeschichte gemalt werden, und etwa mit einem Episkop an die Wand projiziert werden oder eingescannt, am Computer eingerichtet und ausgedruckt werden. Man kann auch einen Guckkasten oder einen Spielfernseher bauen, die Bilder auf einen Streifen kleben und vorführen, indem sie nacheinander durchgezogen werden. Etwas aufwendiger, aber immerhin noch ohne große Anstrengungen realisierbar, lassen sie sich auch auf einen Diafilm aufnehmen und als Bilderbuchkino vorführen. Oder man fotografiert die einzelnen Szenen und montiert daraus eine Fotostory.

Geschichten am Computer schreiben

Erzieher/innen und Kinder können gemeinsam am Computer Geschichten schreiben und gestalten. Hierzu denken sich die Kinder im Vorfeld ihre eigene Geschichte aus und malen dazu Bilder (mit Stiften und Kreiden auf Papier). Die Geschichte wird einer Erzieherin vom Kind diktiert. Diese gibt sie direkt in den Computer ein. Die Bilder können eingescannt und in die Geschichten eingefügt werden. Schließlich werden die Geschichten ausgedruckt und das Kind hält ein eigenes Werk in Händen (Müller 2000, S. 15).

Die aufwendigen Projekte: Hörspiel und Videofilm

Geschichten als Hörspiele oder Videofilme zu realisieren verlangt demgegenüber eine überlegte Planung und einige Finanzmittel.

Damit die Kinder die nötigen Schritte verstehen und auf längere Sicht bei der Stange bleiben, ist eine Einführung in die Handhabung und die Herstellung des Mediums vorzusehen. Problematisch ist dabei, dass die technischen Verfahren von den Kindern einen langen Atem verlangen, der für Kindergartenkinder kaum durchzuhalten ist. Auch wenn Kinder Fotoapparate schon problemlos benutzen können, erhält man das Ergebnis doch erst nach mehreren Tagen. Sofortbildgeräte liefern die Abzüge auf der Stelle, verursachen aber höhere Kosten, Digitalkameras erfordern eine passende Computerausstattung. Auch Ton- und Videoaufnahmen erlauben, die Resultate sofort zu realisieren und Kinder können schon nach kurzer Einführung damit recht problemlos umgehen.

Mehr Ausdauer, Übersicht und Organisation erfordert die Herstellung. Die Story muss in einzelne Abschnitte oder Szenen eingeteilt werden, die jeweils in einer Sitzung realisiert werden und dann zusammengesetzt werden können. Dabei werden immer wieder organisatorische Probleme auftauchen, z. B. dass Sprecher oder Spieler ausfallen und die Weiterarbeit aufgehalten wird oder dass einzelne Kinder die Lust verlieren und aussteigen. Solche größer angelegten Aktivitäten bieten zwar den Vorteil, dass man viele Kinder beschäftigen kann, aber eben dann auch koordinieren muss. Die Teilnehmer lassen sich in verschiedene Spezialisten aufteilen: Die Spielenden, die Tontechniker, die Kameraleute, die Hersteller von Geräuschen, die Kostümbildner, die Kulissenmaler etc.

Schließlich sind die einzelnen Teile zu montieren. Bei Hörspielen ist das noch einigermaßen mit gängigen Kassettenrecordern hinzubekommen. Für Videogeschichten braucht man einen Schneidetisch und muss verstehen, ihn zu bedienen. Man wird also eine entsprechende Einrichtung benutzen müssen, kann die Kinder aber nicht ohne weiteres dorthin mitnehmen.

 

Dokumentieren mit Medien

Aufgrund ihrer einfachen Handhabbarkeit können Kassettenrecorder und Videogeräte auch dazu genutzt werden, gemeinsame Aktivitäten, Ausflüge, Feste und dergleichen zu dokumentieren. Auch Kinder sind durchaus in der Lage, mit diesen Geräten Aufnahmen zu machen.

Dokumentationen bedeuten zunächst weniger Aufwand als medial aufbereitete Geschichten. Andererseits geraten die Aufnahmen meist zu lange und zeigen sich teilweise zu wenig aussagekräftig. Darum sind solche Aufnahmen unbearbeitet kaum zu genießen und allenfalls für diejenigen von Interesse, die daran beteiligt waren. Das Schneiden und Unterlegen von Kommentaren bedeutet dann wieder einen durchaus vergleichbaren Arbeitsaufwand.

Kommen solche Dokumentationen zustande, haben sie einen ähnlichen Stellenwert wie die Berichte, mit denen Kinder ihre Erlebnisse im Stuhlkreis erzählen. Zugleich führt die mediale Wiedergabe dazu, dass das Erlebte bewusster nachvollzogen und genauer erinnert wird.

Deutsches Jugendinstitut (Hg.): Handbuch Medienerziehung im Kindergarten,

Band 1: Pädagogische Grundlagen, 1994

Band 2: Praktische Handreichungen, 1995

Der zweite Band enthält eine breit gestreute Sammlung von praktikablen Vorschlägen, von sehr einfachen bis zu aufwendigen Projekten.

S. Näger: Kreative Medienerziehung im Kindergarten, 1999

Anregungen zur Medienarbeit mit Fotoapparat, Kassetten- und Videorecorder, oder Computer

Dina Schäfer/ Astrid Hille: Medienpädagogik. Ein Lehr- und Arbeitsbuch für sozialpädagogische Berufe, Freiburg 2000

Von Printmedien bis zum Computer werden alle Medien behandelt, die Kinder nutzen. Viele Hinweise auf den Umgang mit Medien im Kindergarten

Grenzen der Medienarbeit im Kindergarten

So begrüßenswert sie sind, sind doch alle diese Aktivitäten ausgesprochen aufwendig. Es ist deshalb stets zu überlegen, ob angesichts der vielen Aufgaben, die in den Einrichtungen anstehen, Medienprojekte vertretbar sind. In jedem Fall eignen sie sich nicht als Pflicht- und Routinearbeiten. Sie sollten nur dort durchgeführt werden, wo einzelne Fachkräfte das Interesse, die Begeisterung und die technischen Kenntnisse mitbringen. Es ist sicher besser, keine Medienprojekte durchzuführen als solche, die im Chaos enden und zu keiner vorführbaren Produktion führen.

Dann ist es besser sich zu beschränken. Denn die Grundlage aller "Medienkompetenz" lässt sich, zumindest im Ansatz, auch beim freien Geschichtenerzählen legen, das Kinder sehr rasch dazu animiert, selbst zu erzählen, und damit das Hauptziel aller aktiven Medienarbeit ganz zwanglos erreicht: eine aktive "Medienkompetenz" zu fördern. Diese Erfahrung dürfte (vor allem in späterem Alter) auch relativ leicht auf andere mediale Formsprachen zu übertragen sein. Man darf dabei wohl darauf vertrauen: Wer beim Erzählen gelernt hat, dass Geschichten gemacht werden, wer deshalb eigene Geschichten hat, lässt sich nicht mehr so leicht jede Geschichte andrehen. Und er hat Chancen zu begreifen, dass auch die medialen Produktionen nur Erzählungen sind, die man auch anders erzählen und denen man die eigenen Geschichten entgegenstellen kann. Was man "Medienkompetenz" nennt, beginnt beim Erzählen im Kindergarten.


11.10.2004